Analytics für IoT - So wird Vision zur Realität

0

Kennen Sie Kevin Ashton? Der britische Technologie-Pionier hat am Massachusetts Institute of Technology (MIT) einen internationalen Standard für RFID mitbegründet. Was aber vielleicht noch wichtiger ist: Vor fast 20 Jahren hatte er eine Vision von Computern, die Informationen über Gegenstände des Alltags und der Fabrikation sammeln und mit diesen Daten beispielsweise vorhersagen, wann die Dinge kaputtgehen, um sie frühzeitig reparieren zu können. Kommt Ihnen bekannt vor? Heute nennen wir diese Vernetzung von Dingen das „Internet of Things“ (IoT) und die Art der Vorhersage zum Beispiel „Predictive Maintenance“. Zumindest gefühlt gehört es schon zum Alltag, dass Dinge – von Produktionsanlagen über Computertomografen bis hin zu Landwirtschaftsmaschinen – Daten sammeln. Eine Steuerung all dieser komplexen Geräte und Maschinen geht aber nur über intelligentes Verhalten – und das setzt sich aus drei Schritten zusammen:

  • Daten sammeln,
  • mittels Analytik die relevanten Signale aus den Daten herausholen, interpretieren und interessante Zusammenhänge aufdecken,
  • Aktionen vorschlagen.

Heißt im Klartext: IoT ergibt nur Sinn mit Analytics! Und genau daran hapert es oft noch. Laut einer Studie der MIT Sloan School of Management meinen immerhin noch 58 Prozent der Unternehmen, die IoT für wichtig halten, dass es ihnen an ausreichend analytischen Fähigkeiten mangelt. Warum das so ist? Hier kommen wieder die berühmten drei „V“ im Zusammenhang mit Big Data ins Spiel: Volume, Velocity, Variety. Zum einen liegt das an der schieren Masse an Daten, die heute mit IoT und Sensortechnologie anfallen. Da reicht kein „scharfes Hinsehen“ mehr; deskriptive Analytics oder Excel greifen zu kurz, um Erkenntnisse aus den Datenbergen zu ziehen. Die Laufzeit für eine bestimmte Abfrage ist einfach zu lang, der Anwender fühlt sich schnell wie auf der Suche nach der „Stecknadel im Heuhaufen“.

Zum anderen ist die Geschwindigkeit eine Hürde. Daten entstehen so schnell und sind so kurzlebig, dass Entscheidungen möglichst sofort am Ort ihrer Entstehung getroffen werden müssen – also „at the Edge“. Welche Events sind wichtig, welche können ignoriert werden? Welche Daten sollte ich aufheben und für eine spätere Analyse vorhalten? All diese Fragen müssen gleich und nahe am jeweiligen IoT-Gerät beantwortet werden. Bereits im Datenstrom wird die Relevanz der Daten beurteilt und Entscheidungen werden – anhand der analysierten IoT-Daten – (nahezu) in Echtzeit getroffen. Das klassische Paradigma „Speichern => Analysieren => Entscheiden“ funktioniert hier nicht mehr.

Und schließlich gilt es einfach, eine enorme Vielzahl an Variablen zu berücksichtigen, weil Fragestellungen und Analyse über simple Regeln und beschreibende Statistik hinausgehen. Entscheidungen im IoT-Umfeld müssen im multivariaten Zusammenhang getroffen werden. Beispielsweise kündigt sich ein Maschinenausfall über bestimmte Sensorwerte in Kombination an. Daher reicht es nicht, einen einzelnen Wert anzuschauen, sondern man muss viele Variablen gleichzeitig betrachten.

Kein Pi mal Daumen

Ein Punkt, der noch hinzukommt, ist, dass die Entscheidungen im IoT-Kontext immens wichtig sind. Ein Maschinenausfall verursacht hohe Kosten. Im medizinischen Bereich stehen nicht weniger als Gesundheit und Patientensicherheit auf dem Spiel. Daher MÜSSEN die Modelle robust sein und verlässliche Aussagen ermöglichen. Pi mal Daumen ist keine Option.

Noch genauer gehen zwei weitere Studien den Ursachen auf den Grund, woran es bei Unternehmen oftmals noch im Hinblick auf die Analyse von IoT-Daten scheitert. Eine IDC-Erhebung zeigt, dass es selbst bei erfahrenen analytischen Unternehmen lediglich 15 Prozent schaffen, Analytics auch zu operationalisieren, also in Prozesse einzubinden. Und in einer Umfrage von SAS unter First Movern wird Datenanalyse in Echtzeit als Herausforderung Nummer eins bei IoT-Initiativen von 21 Prozent der Befragten genannt.

In Sachen Analytics ändert sich gerade jede Menge – und das liegt nicht zuletzt am Phänomen IoT, das immer mehr Geräte, Sensoren, Schnittstellen (Aktoren) und Datenströme mit sich bringt. Verkürzte Darstellungen wie „Analytics = Erkenntnisse gewinnen“ führen nicht zum Ziel. Analytics ohne Operationalisierung hat gerade im IoT-Bereich keinen Wert. Angesichts der genannten Hürden scheinen mir leistungsstarke analytische Plattformen unerlässlich zu sein, die komplexe Modellierung, Parametrisierung, Modellvergleiche, Deployment und Modellüberwachung automatisiert, skalierbar und handhabbar gestalten. Ich rate Firmen, die IoT und Analytics nutzen wollen, darauf zu achten, dass sie ihre klassischen Daten mit IoT-Daten verknüpfen und relevante Daten zuvor intelligent filtern. Sie sollten die Voraussetzung schaffen, um Daten im Datenstrom zu analysieren und eine Modellierung schon im Endgerät vorzunehmen. Und letztlich realisieren sie Werte, indem sie tief in Geschäftsprozesse eingreifen und Geschäftsregeln hinterlegen, anhand derer die analytischen Erkenntnisse in sinnvolle Aktionen überführt werden.

Die Daten sind da, die Algorithmen sind da, und Analyse in Echtzeit ist mit hochperformanten analytischen Umgebungen ebenso möglich. Die Voraussetzungen sind also erfüllt, um IoT von der Spielwiese zum Geschäftsfeld zu machen – und Ashtons Vision in die Realität zu überführen.

Tags IoT RFID
Share

About Author

Andreas Becks

Head of Customer Advisory Insurance DACH

Andreas Becks leads a team of insurance experts, data governance professionals and data scientists advising insurance clients on how to use analytics to generate value and drive transformation in a changing market. His main focus is on data-based innovation and industrialization of analytics. His expertise in artificial intelligence, and deep knowledge of business intelligence and analytics mean that he is well-placed to help insurers to reimagine their business models and drive cultural change.

Leave A Reply

Back to Top